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Name am Klingelschild nur noch mit Zustimmung der Mieter?

Die neusten News aus dem Datenschutzdschungel – Klingelschilder dürfen nicht mehr ohne Zustimmung der Betroffenen mit einem Namen versehen werden. Diese Aussage wird aktuell kontrovers in deutschen Medien diskutiert. Doch wieso ist diese Diskussion überhaupt entstanden? In Österreich hatte ein Mieter Beschwerde wegen mangelnden Datenschutzes eingelegt und verwies diesbezüglich auf die DS-GVO mit der Begründung, dass seine Privatsphäre nicht genügend geschützt sei, wenn jeder vorbeilaufende Passant seinen Namen am Klingelschild lesen könne. Er habe in das Anbringen seines Namens an dem Klingelschild nie eingewilligt. Im Ergebnis wurden nun erste Maßnahmen entworfen, welche zeitnah in die Realität umgesetzt werden: Bei 220.000 Wohnungen startet der Abbau der Klingelschilder.

Aber wieso?

Eigentlich können sich Vermieter doch auf ein berechtigtes Interesse berufen, wenn Sie die Namen der Mieter auf dem Klingelschild veröffentlichen. Die Namen werden dort zum einen genannt, da die Mieter Postzustellungen oder Lieferungen erhalten wollen und zum anderen dient dies auch als Orientierungshilfe für Besucher oder Rettungsdienste.

In einigen Situationen mag es jedoch durchaus sinnvoll und gerechtfertigt sein, dass der (richtige) Name der betroffenen Person nicht am Klingelschild steht. Dies wären zum Beispiel Einzelfälle, bei gefährdeten Prominenten Personen, Personen im Zeugenschutzprogramm, oder bei Personen die durch Stalking bedroht werden. Bei solchen Personen könnte man Namen durch pseudonymisierte Bezeichnungen wie etwa Nummern oder andere Kennzeichen wie Buchstaben-, und Zifferkombinationen ersetzen. Ein solches Vorgehen wäre auch ein gutes Beispiel für das Recht auf Widerspruch gem. Art. 21 DS-GVO.

Ist die DSGVO überhaupt anwendbar?

Die Datenschutz-Grundverordnung findet Anwendung „für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen“, gem. Art. 2 Abs. 1 DS-GVO.

(Teil-)Automatisierte Verarbeitung?

Liegt hier eine solche Art der Verarbeitung vor? Das Anbringen eines Namens auf dem Klingelschild an sich dürfte nur in den seltensten Fällen eine automatisierte Verarbeitung darstellen. Es dürfte allerdings als Teil eines automatisierten und einheitlichen Verarbeitungsvorgangs anzusehen sein. Schließlich stammen die auf dem Klingelschild aufgedruckten Daten mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einem IT-System, in dem sie gespeichert werden. Auch der Druck (oder die Prägung) des Schilds dürfte heutzutage computerbasiert stattfinden. Eine teilweise automatisierte Verarbeitung liegt also vor. Aus unserer Sicht unterliegt die Verarbeitung dieser Mieterdaten daher dem Regime der DS-GVO.

Speicherung in einem Dateisystem?

Darüber hinaus könnte in Bezug auf Klingelschilder unseres Erachtens sogar den Tatbestand der “Speicherung in einem Dateisystem“ erfüllen. Der Begriff des „Dateisystems“ wird in Art. 4 Nr. 6 DS-GVO definiert als „jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird.“ In der Regel trifft genau dies auf ein Klingelschild-Tableau zu.

Keine Verarbeitung ohne Rechtsgrundlage

Jede weitere Verarbeitung personenbezogener Daten bedarf einer Rechtsgrundlage. Die möglichen Rechtsgrundlagen finden wir in Art. 6 Abs. 1 DS-GVO. Im Fall des österreichischen Mieters wird argumentiert, dass keine Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO) erteilt wurde und damit ein solcher Erlaubnistatbestand nicht vorliege. Diese Argumentation wirkt auf den ersten Blick schlüssig und korrekt.

Die Frage ist jedoch, ob es nicht eine andere Rechtsgrundlage gibt. Wie auch das Bayerische Landesamt für Datenschutz vertreten wir die Auffassung, dass das Anbringen von Klingelschildern mit Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO als Rechtsgrundlage begründet werden kann. Bei dieser Rechtsgrundlage ist abzuwägen zwischen den berechtigten Interessen des Verantwortlichen und den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person. Die berechtigten Interessen des Verantwortlichen liegen in der oben bereits beschriebenen ordnungsgemäßen Verwaltung der Immobilie. Gegenläufige Interessen der Mieter kann es in besonderen Fällen geben. In diesen besteht dann, wie bereits oben erwähnt, die Möglichkeit gem. Art. 21 Abs. 1 DS-GVO Widerspruch gegen die Verarbeitung einzulegen. Es ist dann möglich, dass der Vermieter das Klingelschild daraufhin zu entfernen hat. Obwohl wir zum gleichen Ergebnis kommen, widerspricht unsere Argumentation derjenigen der Bayerischen Aufsichtsbehörde deutlich. Wir sind offen gesagt etwas überrascht, dass die Aufsichtsbehörde die Anwendbarkeit der DS-GVO praktisch im Nebensatz ausschließt.

Thüringen sieht es anders

Bayerns Landesdatenschutzbeauftragter ist übrigens nicht der Einzige, der sich geäußert hat. Die Meinungen könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Während aus Bayern die (erfreuliche) Meldung kommt, dass dies kein Thema für den Datenschutz ist, äußerte sich der Landesdatenschutzbeauftragte aus Thüringen [Update 18.10.2019: In einem Interview des MDR, welches leider nicht mehr verfügbar ist] derart, dass selbstverständlich die Einwilligung der Mieter notwendig sei und dass bei neuen Mietverträgen die Einwilligung zukünftig direkt mit eingeholt werden solle. Eine Situation, die unglücklicher nicht sein könnte, wird durch diese entgegengesetzten Äußerungen doch die Verunsicherung eher geschürt.

Ganz außer Acht gelassen wird bei dieser Diskussion unseres Erachtens der Umstand, dass es – Datenschutzgesetze hin oder her – seit Jahrzehnten üblich ist, Namen von Mietern auf Klingelschildern zu veröffentlichen. Es bleibt auf jeden Fall spannend in welche Richtung sich die Diskussionen noch entwickeln werden.

Sprechen Sie uns gerne an!


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