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EuGH: Direktwerbung gegenüber Bestandskund*innen ohne Einwilligung zulässig: Alles neu? Nein!

Direktwerbung ist und bleibt ein beratungsintensives Thema. Im letzten Jahr hatte das LG Paderborn mit seinem Urteil vom 12.03.2024 mehr Klarheit geschaffen (wir berichteten). Seit dem Urteil des EuGH vom 13.11.2025 (C-654/23) lesen wir vermehrt Berichte, dass nunmehr die Direktwerbung in Form eines Newsletters ohne Einwilligung zulässig wäre, ja dass sogar die Einwilligung komplett entfallen könne. Das ist falsch, denn laut EuGH kann ein Newsletterversand auch ohne Einwilligung zulässig sein, wie in der dem Urteil zugrundeliegenden Streitfrage. Bereits das OLG München hat in seinem Urteil vom 15.02.2018 (29 U 2799/17), also vor Inkrafttreten der DSGVO, ähnlich geurteilt.

Dennoch kann die Entscheidung in Bezug auf die DSGVO lesenswert sein und wir sind gespannt, wie sich die Aufsichtsbehörden dazu positionieren, aber der Reihe nach.

Worum ging es?

Die Herausgeberin eines Online-Pressemediums in Rumänien führte im Juli 2018 ein teils kostenpflichtiges Abonnementsystem (Premium-Dienst) für ihre Nutzer*innen ein. Ohne das Abonnement des Premium-Dienstes konnten Nutzer*innen ohne weitere Schritte auf bis zu sechs kostenlose Artikel im Monat zugreifen.

Bei der Registrierung konnten die Nutzer*innen wählen, ob sie Interesse am Premium-Dienst haben oder nicht. Eine kostenlose Registrierung war auch ohne Interesse am Premium-Dienst möglich, z.B. um weitere Artikel kostenpflichtig einzusehen. Ohne Bestätigung des Premium-Dienstes war die Möglichkeit zum Erhalt des täglichen Newsletters nicht möglich, da das Feld so programmiert war, dass diese Wahloption nicht zur Verfügung stand.

Bei Interesse am Premium-Dienst erhielten Nutzer*innen das Recht auf zwei weitere kostenlose Artikel pro Monat, die Möglichkeit einen täglichen Newsletter als „Personal-Update“ zu erhalten sowie gegen Gebühr weitere Artikel einzusehen. Der Newsletter enthielt im Wesentlichen Einzelheiten zu den neuen Medien des Vortags mit Hyperlinks zu den Artikeln der Herausgeberin. Die Nutzer*innen konnten bei der Registrierung den Newsletter als Personal-Update durch aktive Handlung mit einem Ankreuzkästchen abbestellen, mussten also widersprechen. Darüber hinaus enthielt jeder tägliche Newsletter ebenfalls die Möglichkeit der Verwendung zu widersprechen.

Im September 2019 verhängte die rumänische Aufsichtsbehörde ein Bußgeld in Hohe von umgerechnet 9.000 € gegen den Verlag, weil die Herausgeberin

[…] seit Juli 2018 personenbezogene Daten (E-Mail-Adresse, Passwort, Benutzername) von 4 357 Nutzern (natürlichen Personen) auf einer Rechtsgrundlage verarbeitet habe, die für den Zweck der fraglichen Verarbeitung nicht geeignet gewesen sei, nämlich für die tägliche Übermittlung des E-Mail-Newsletters „Personal Update“, ohne den Nachweis zu erbringen, dass sie die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Nutzer in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten für diesen Zweck erhalten habe.

Die Herausgeberin wehrte sich gegen das Bußgeld. Das Berufungsgericht in Bukarest legte den Fall dem EuGH vor, denn für die Entscheidung war zu klären, ob die Verarbeitung der in Rede stehende personenbezogener Daten im Zusammenhang mit dem Newsletter den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 und 2 der ePrivacy-Richtlinie (2002/58/EG), in Deutschland umgesetzt durch § 7 Abs. 2 und 3 UWG, oder den Voraussetzungen der DSGVO unterliege.

EuGH zum Newsletter-Begriff und sein Verständnis des Begriffs „Verkauf“

Wir wollen jetzt nicht zu tief in das Urteil eintauchen oder Sie mit langen Zitaten nerven. Im Kern hat der EuGH festgestellt, dass in Art. 13 Abs. 1 und 2 der ePrivacy-Richtlinie (2002/58/EG) keine Legaldefinition des Begriffs „elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung“ aufgeführt sei. Nach der Rechtsprechung des EuGH seien von diesem Begriff Nachrichten umfasst, die ein kommerzielles Ziel umfassen und sich direkt und individuell an Verbraucher richten. Der tägliche Newsletter hat in erster Linie informativen Charakter, um Informationen zu streuen. Dennoch sei der Newsletter diesem Begriff zuzuordnen und stelle eine Form der Direktwerbung dar, weil Nutzer*innen dazu bewegt werden sollen, auch kostenpflichtige Inhalte der Herausgeberin abzurufen und damit der Verkauf gefördert werde.

Womit wir beim ersten eigentlichen lesenswerten Punkt des Urteils angekommen sind. Der EuGH stellt im Urteil fest, dass der Begriff „Verkauf“ grundsätzlich eine Vergütung voraussetze. Diese könne jedoch auch indirekt erfolgen. Zum Beispiel wie im Falle der Herausgeberin, wenn unentgeltliche Leistungen zu Werbezwecken erbracht werden. Die Kosten dafür sind dann im Preis kostenpflichtiger Angebote enthalten, wie im Falle der Herausgeberin, die eine Absatzförderung angestrebt habe und die Voraussetzungen kumulativ erfüllt würden. Diese Ansicht passt zu dem Urteil des LG Stuttgart vom 23.09.2025, über welches wir hier berichtet hatten.

Die ePrivacy-Richtlinie hat Vorrang

Abschließend urteilte der EuGH, dass bei der Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 der ePrivacy-Richtlinie (2002/58/EG), in Deutschland umgesetzt durch § 7 Abs. 3 UWG, in Verbindung mit Art. 95 DSGVO,

[…] die in Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nicht gelten, wenn der Verantwortliche die E‑Mail-Adresse eines Nutzers verwendet, um ihm eine unerbetene Nachricht gemäß diesem Art. 13 Abs. 2 zu senden.

Diese Feststellung ist einerseits wenig überraschend, aber dennoch der zweite lesenswerte Punkt des Urteils. Denn es kann bedeuten, dass im Falle der Erfüllung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz nicht mehr zuständig wären. Verantwortliche bleiben zwar weiter zur rechtskonformen Verarbeitung der personenbezogenen Daten gemäß DSGVO verpflichtet. Jedoch könnte das Urteil dazu führen, dass Verantwortliche umso mehr an der Erfüllung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG arbeiten, um keine Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 DSGVO nachweisen zu müssen. Damit wäre eine potenzielle Möglichkeit gegeben Bußgelder der Aufsichtsbehörden zu umgehen.

Fazit

Beide Richtlinien stehen gleichrangig nebeneinander. Dass diese Feststellung durch Rechtsprechung festgestellt werden musste, könnte an Versäumnissen der Europäischen Kommission liegen. Schon im Erwägungsgrund 173 DSGVO wird darauf verwiesen, dass das Verhältnis zwischen den Verordnungen klarzustellen sei. Auf die im Erwägungsgrund erwähnte Überprüfung warten wir bis heute.

Das Urteil des EuGH bestätigt die in Deutschland bereits stetige Ansicht zur Erfüllung aller Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG, spätestens seit den oben erwähnten Urteilen des OLG München und des LG Paderborn.

Wir beraten Sie gern zu den Folgefragen, sei es die Frage, ob sich Empfänger*innen von Newslettern im Bereich der Direktwerbung trotzdem auf die DSGVO berufen können und was dann zu tun ist oder ob Sie unsicher sind in der Frage, wie und ob Sie eine Einwilligung der Empfänger*innen einholen sollten.