aufsichtsbehörde bürokratieentlastungsgesetz aufbewahrungsfrist

Anpassungsbedarf durch das Bürokratieentlastungsgesetz

[Update vom 29.10.2024]

Heute wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit sind die im Beitrag angegebenen Daten nicht mehr „voraussichtlich“, sondern fix und zum 01.01.2025 ändern sich die Aufbewahrungsfristen wie im Beitrag angegeben.

[Update Ende]

Am 18.10.2024 passierte der Entwurf der Bundesregierung zum vierten Bürokratieentlastungsgesetz den Bundesrat. Diesen Entwurf des aktuellen Bürokratieentlastungsgesetzes, das als ein sog. Artikelgesetz eine Reihe an anderen Gesetzen ändern bzw. anpassen soll, finden Sie hier. Wir haben den Gesetzestext durchgearbeitet und fassen für Sie die aus Datenschutzsicht relevanten Änderungen einmal zusammen.

Was sofort auffiel war, dass es offenbar wirklich enorm viel Bürokratie in Deutschland gibt, von der die Unternehmen nun etwas mehr entlastet werden sollen. Dieser vierte Schritt der Entlastung beschäftigt sich mit insgesamt 73 Gesetzen und Verordnungen. Glücklicherweise fanden wir weder zum Bundesberggesetz noch zum Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz Änderungen, die sich datenschutzrechtlich auswirken würden. Letztlich aus Datenschutzsicht relevant sind nur drei bzw. fünf Gesetze: Das Handelsgesetzbuch (HGB), die Abgabenordnung (AO) und das Umsatzsteuergesetz (UStG), darüber hinaus jeweils die Einführungsgesetze zu HGB und AO. Diese beiden Einführungsgesetze regeln, wie mit den Änderungen in den Regelungen der anderen drei Gesetze im Übergang von den alten Fassungen zu den durch das Bürokratieentlastungsgesetz neu geschaffenen Fassungen umzugehen ist. Hierzu später noch mehr.

Entlastung durch mehr Komplexität?

In den drei relevanten Gesetzen werden jeweils die Aufbewahrungspflichten für Belege angepasst. Und wie es der deutsche Bundesgesetzgeber bei Vereinfachungen gerne macht, führt er zu den zwei bisher existierenden Aufbewahrungsfristen von sechs und zehn Jahren noch schnell eine dritte von acht Jahren ein. Die gilt aber für einige Branchen erst ein Jahr später und bis dahin gelten für diese Branchen 9 Jahre Aufbewahrungsfrist. Alles verstanden? Bürokratieentlastung eben.

Aber mal im Schritttempo und von vorne: Sowohl HGB als auch AO legten bislang für unterschiedliche Datenarten unterschiedliche Aufbewahrungsfristen fest. Dies waren, vereinfacht dargestellt, grundsätzlich 6 Jahre, für Geschäfts- und Handelsbriefe sowie allgemeine Steuerunterlagen und 10 Jahre für Buchungsbelege, Rechnungen sowie „Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen„.

Zukünftig müssen nun Buchungsbelege sowie Rechnungen nur noch 8 Jahre aufbewahrt werden. Hierfür wurden in

  • § 257 HGB für Buchungsbelege,
  • § 147 AO, ebenfalls für Buchungsbelege und
  • § 14b UStG für versandte und empfangene Rechnungen

entsprechende Änderungen vorgenommen. Die 10-jährige Aufbewahrungspflicht für Handelsbücher, Inventare, Bilanzen, Abschlüsse etc. aus § 257 Abs. 1 Nr. 1 HGB bleibt ebenso unverändert, wie die 10-jährige Aufbewahrungspflicht für die Bücher, Aufzeichnungen, Inventare etc. des § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO. Auch die 6-jährige Aufbewahrungspflicht für alles andere bleibt unverändert.

Wie oben schon beschrieben wurden in den jeweiligen Einführungsgesetzen Regelungen zur Anwendbarkeit der Änderungen getroffen. Die durch das Bürokratieentlastungsgesetz geregelten Anpassungen treten gemäß Art. 74 Abs. 1 des Gesetzes größtenteils voraussichtlich zum 01.01.2025 in Kraft. „Voraussichtlich“ deshalb, weil das Gesetz zwar bereits im Bundestag verabschiedet wurde und auch den Bundesrat passiert hat, aber die Verkündung im Bundesgesetzblatt noch aussteht. Dem steht aktuell unseres Erachtens nichts entgegen, so dass wir von einer kurzfristigen Verkündung ausgehen. Somit würden auch die Änderungen an AO, HGB und UStG ab dem 01.01.2025 gelten.

Neue Fristen gelten auch für bereits existierende Unterlagen

Die neuen Aufbewahrungsfristen sind gemäß den Regelungen in den Einführungsgesetzen zur AO und zum HGB bzw. des neuen § 27 Abs. 40 UstG auf alle davon betroffenen Daten und Unterlagen anzuwenden, für die am 31.12.2024 die Aufbewahrungsfristen noch nicht abgelaufen sind. Das bedeutet, dass sie auch für Daten und Unterlagen gelten, die bereits existieren und teilweise seit mehreren Jahren in den Archiven schlummern. Am 01.01.2025 müssen somit nicht nur die Daten gelöscht werden, deren Aufbewahrungsfrist nach der aktuell geltenden Regelung abgelaufen ist, sondern auch die zwei Jahrgänge davor.

Für Unternehmen, die (Zitat aus Art. 2 des Gesetzesentwurfs)

  1. Institute im Sinne des § 1 Absatz 1b des Kreditwesengesetzes sind, einschließlich Zweigstellen nach § 53 des Kreditwesengesetzes,
  2. der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterliegen oder
  3. Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes sind,

gilt übergangsweise im Jahr 2025 noch eine Frist von 9 Jahren. Die 8-jährige Frist gilt erst ab 2026.

Alle Unternehmen müssen sich nun darauf vorbereiten,

  • einmalig wie oben beschrieben 2 oder 3 Jahrgänge ihrer Daten zu löschen, bevor dann wieder jährlich ein Jahrgang dem Schredder zum Opfer fallen muss,
  • die neuen Löschfristen im Löschkonzept (sofern vorhanden), ansonsten im Verarbeitungsverzeichnis aufzuführen und
  • die Informationen zum Datenschutz für betroffene Personen (Datenschutzhinweise) zu aktualisieren.

Wir empfehlen, bis auf die Löschung alle diese Arbeiten kurzfristig durchzuführen. Sofern die Regelungen des Bürokratieentlastungsgesetzes wie vermutet zum 01.01.2025 gelten, müssen Sie bis zu diesem Termin fertig sein mit den Löschungen, da ansonsten beispielsweise die Informationen zum Datenschutz nicht mehr zur gesetzlichen Regelung passen würden und somit falsch wären. Sofern sich Informationen gegenüber Personengruppen ändern, mit denen Sie sich aktuell in einer Verarbeitungssituation befinden, also zum Beispiel Kund*innen oder Beschäftigte, müssen Sie diesen bis zu diesem Termin auch die angepassten Datenschutzhinweise zur Verfügung stellen.

Der Aufwand für all das sollte sich in Grenzen halten lassen, dennoch muss er getrieben werden. Bitte denken Sie in diesem Zusammenhang auch daran, dass durch die verkürzte Aufbewahrungsfrist für die betroffenen Daten und Unterlagen die Pflicht zur Aufbewahrung wegfällt. Sofern Sie keine Verarbeitung durchführen, für die die betroffenen Daten und Unterlagen benötigt werden, bedeutet dies gleichzeitig eine Löschverpflichtung für Sie, sofern die Daten und Unterlagen personenbezogene Daten umfassen. Einfach alles beim Alten zu belassen („Ich muss es nicht mehr aufbewahren, aber ich kann ja freiwillig“), ist aller Voraussicht nach, nicht zulässig.

Fazit

Wir begrüßen, dass weniger Unterlagen über einen langen Zeitraum vorgehalten werden müssen. Ob eine zusätzliche Frist, die beachtet werden muss, aber zu einer wirklichen Verringerung des bürokratischen Aufwands in den Unternehmen führt, wagen wir dennoch zu bezweifeln. Sicher können Unternehmen, die noch große Mengen an Papierakten aufbewahren müssen nun gegebenenfalls mehrere Lagerräume leeren und damit einige 10.000 Euro pro Jahr an Lagerkosten sparen. Bei einer elektronischen Speicherung lässt sich aber stattdessen vermutlich nur ein niedriger 3-stelliger Betrag sparen. In Relation mit den Kosten für die Umsetzung der Regelungen ist dies vermutlich ein Minusgeschäft, selbst auf mehrere Jahre gerechnet.